Montag, 8. September 2008

Flaute oder Gegenwind? Motorsegeltörn nach Hiddensee und Mön

Nachdem der erste "Säuglingstörn" im Juni mit reichlich Starkwind gespickt war, wollen wir unseren 3-wöchigen August-Törn etwas ruhiger angehen lassen. Lieber weniger Strecke abreißen und dafür nicht ständig die Zeit im Nacken haben. Leider sieht es gleich zum Start mal wieder nicht gut aus. Wir wollen nach Hiddensee. Von Rostock aus liegen also etwa 55 Seemeilen vor dem Bug. Da muss man schon mindestens 11 Stunden einplanen. Zwischendrin gibt´s keinen Hafen, da der Nothafen Darßer Ort versandet ist und nicht angelaufen werden kann. Nun fehlt uns der Wind, der natürlich am Besten aus West mit 4 Beaufort wehen sollte. Stattdessen müssen wir mit 2 - 3 Windstärken rumschlagen und bewegen uns nur in Zeitlupe voran.
Also kommt die Flautengenua (Motor) zum Einsatz und der muss für den Rest der Strecke trotz Leckage in der Ölwannendichtung durchhalten. Nur kurz ereilt uns eine Schauerböe und wir rauschen für 20 min dahin. Lilli hält ganz gut durch und kann während der Motorfahrt auch bei uns im Cockpit sitzen. Im Dämmerlicht erreichen wir schließlich Barhöft. Dort bleiben wir auch einen weiteren Tag, um die Seele baumeln zu lassen. Der Wind ist zurück und bläst uns steif ins Gesicht als wir in zur Naturschutzstation und dem Aussichtsturm wandern. Lilli sitzt im Tragerucksack und schläft. Von Barhöft aus segeln wir mit achterlichen 7 Windstärken blitzschnell durch das enge Fahrwasser zwischen Hiddensee und Rügen. In Neuendorf auf Hiddensee ist der Hafen komplett belegt und so verbringen wir die erste Nacht unterhalb der Krananlage an der Kaimauer.
Da Hiddensee nun erreicht ist, wollen wir einen Gang zurück schalten. Vor uns liegen noch zwei Wochen, bevor wir die Heimreise antreten müssen. Nach einigen Tagen in Neuendorf, wo scheinbar viele Familiencrews längere Liegezeiten einplanen, verholen wir uns nach Vitte. Dort besuchen uns noch meine Eltern. Gemeinsam unternehmen wir eine Radtour über die Insel und zum Leuchtturm. Das Wetter ist gut und die Fischbrötchen schmecken. Leider vermiesen uns die zahlreichen Wespen den ungetrübten Aufenthalt im Cockpit oder im Cafe. Ich versuche mit meinem Wobbler noch mein Anglerglück. Es lässt sich jedoch kein Boddenhecht überlisten. Die Tage treiben dahin und wir genießen es, mal nicht von Hafen zu Hafen hetzen zu müssen. Dann nutzen wir ein Wetterfenster und segeln von Hiddensee aus zur Insel Mön in Dänemark.
Die erste Hälfte der Strecke müssen wir mal wieder motoren und die Sonne scheint kräftig. Dann frischt es zunehmend auf. Als wir Klintholm erreichen werden wir bereits von beachtlichem Seegang durchgeschaukelt und der Wind erreicht 6 - 7 Beaufort. Klintholm wirkt schon recht verlassen. Die Saison neigt sich leider auch dem Ende zu. Wie eine Geisterstadt kommt uns das Örtchen teilweise vor. Die Geister wollen uns dann auch mit Gewalt dort festhalten, denn der Starkwind wird zum Sturm und die See beginnt für die nächsten Tage zu kochen. Da haben wir nicht mal Lust auch ausgedehnte Spaziergänge geschweige denn Ausflüge mit Leihfahrrädern. Wir bleiben die meiste Zeit an Bord und spielen mit Lilli oder lesen. Regen gibt es auch recht häufig. Der Wetterbericht verheißt auch weiterhin nur Starkwind aus der Richtung in die wir nach Hause zurück müssen. Die Zeit zerrinnt uns zwischen den Fingern und wir unternehmen einen erfolglosen Versuch Richtung Heimat auszulaufen. Hat keinen Zweck bei den Wellen und da die vor uns liegende Strecke mindestens 40 Seemeilen (bis Gedser) bzw. 55 Seemeilen (bis Hohe Düne) beträgt, fällt ein zeitraubender Kreuzkurs aus. Wir finden uns schon fast mit dem Gedanken ab, unser Schiff hier zu lassen und mit Bus und Fähre nach Rostock zurückzukehren.
Schließlich unternehmen wir aber doch noch einen letzen Versuch, da der Gegenwind kurzfristig zu unseren Gunsten drehen soll. Es wird eine einzige Quälerei. Zunächst können wir unter Motor und voller Besegelung einen Anlieger fahren. Dann dreht der Wind aber erneut gegen uns. Wir entscheiden uns für Augen zu und durch. Bis zu 7 Windstärken blasen uns entgegen und die Wellen bauen sich bis 2 Meter auf. Der Motor schiebt uns unter Stützsegel in Zeitlupe unserem Ziel entgegen. Gedser schreiben wir ab und nehmen direkten Kurs auf Rostock. Nach 11-stündigem Gegenangebolze haben wir es schließlich geschafft. Wir sind glücklich und völlig erschöpft. Womit haben wir nur immer diese Bedingungen verdient. Flaute oder Starkwind auf die Nase - dazwischen hielt der Sommer 2008 nur wenig für uns bereit. Gewürzt mit Regenschauern und Gewittern keine allzu positive Bilanz. Bleibt nur die Hoffnung auf einen Jahrhundertsommer 2009.