Mittwoch, 26. August 2009

Laissez-faire in Nysted

Nach einer Woche in Gedser setzen wir tatsächlich wieder die Segel. Der Westwind hat sich beruhigt und ist vorübergehend einem schwachen Südost gewichen. Auch die Sonne spielt mit und bei wenig Welle schieben wir uns zunächst im Zeitlupentempo (2 - 3,5 Knoten) unter Schmetterlingsbesegelung hinaus in die Bucht.
Für einen kurzen Augenblick keimt noch einmal der schon beerdigte Wunsch nach einem Anknüpfen an unsere ursprünglichen Törnpläne auf. Noch liegen zweieinhalb Wochen Urlaub vor uns. Da könnte man doch vielleicht durch den Guldborgsund ins Smalandfahrwasser und dann über diverse Inselchen bis zum Svendborgsund segeln und schon wären wir in der dänischen Südsee. Naja - da ist dann natürlich noch der Rückweg mit mindestens zwei Etappen der 30-40 Seemeilen Kategorie zu berücksichtigen. Schon ist die Erinnerung an unsere Auftaktfahrt wieder wach. Auch Lilli fängt trotz des ruhigen Wetters schon wieder zu quengeln an. Also bleibt es beim abgespeckten Törn mit reichlich Hafentagen. Wir halten weiter auf Nysted zu.
Endlich mal Segeln. So ganz ohne Motor dahingleiten. Dazu die Sonne von oben, an Backbord der weltgrößte Windpark und an Steuerbord die sanfte Küste von Lolland. Sogar durch die engen Fahrwasser segeln wir bis in den "Fjord", an dessen Ende sich Nysted malerisch ausbreitet. Erst im Vorhafen fällt das Großsegel. Wir finden einen Liegeplatz direkt an der "Waterfront" vor dem Restaurant. Der Blick aus dem Cockpit streift über die Bucht mit ihren zahlreichen Fischernetzen und bleibt unwillkürlich an der mittelalterlichen Burg gegenüber des Hafens hängen.
Ja - hier lässte es sich durchaus ein paar Tage aushalten. Daher wird auch unser Beiboot aktiviert, denn die Bucht ist geschützt und lädt zu Erkundungsfahrten ein. Die Tage in Nysted fließen so dahin. Wir genießen das schöne Wetter und das reduzierte Leben an Bord. Kein Fernsehen, keine Schreckensnachrichten, keine Belanglosigkeiten. Einfach nur wir, die Sonne, das Meer und Freizeit. Ein Leben ohne Uhr. Herrlich. Luxus. Na gut - ein gewisser Alltagstrott stellt sich natürlich zwangsläufig auch ein. Schon alleine durch Lillis Rhythmus aus Schlafen, Spielen, Essen etc. sind gewisse Anpassungen notwendig. Wir gehen viel spazieren, beobachten Rebhühner, füttern Enten und beobachten Lilli dabei, wie sie die Welt entdeckt. Schön wenn man daran jeden Tag teilhaben kann.
Vom Hafen aus führt ein sehr schöner Weg direkt am Wasser das Ufer der Bucht entlang bis hin zum Strand, der außerhalb der Bucht mit Blick auf den Windpark gelegen ist. Meist sind wir mindestens einmal am Tag dort, denn Lilli hat sich zur Wasserratte entwickelt. Mehrmals nehmen wir statt des Spazierweges auch unser Schlauchboot und tuckern die Strecke durch die Bucht bis zum Strand. Von Sand, Steinen, Muscheln und Wasser kann unsere Kleine gar nicht genug bekommen.
Aber auch das Schlauchbootfahren macht ihr Spaß. Wippend steht sie in der Spitze und hält Ausschau oder sie beäugt den Motor, der uns auf wundersame Weise voranbringt. Auch die Burg, die mittlerweile im Privatbesitz ist und die man daher nicht näher zu Gesichtbekommt, schauen wir uns vom Beiboot aus genauer an. Echt schön und es stehen sogar etliche Nobelkarossen davor.
Wir hatten uns schon gefragt, ob dort wirklich jemand wohnt. Sogar ein eigener Boots- und Badesteg ist vorhanden. Naja, an Land haben wir uns dann doch nicht gewagt - nicht das auf einmal die Selbstschussanlage losgeht oder große Wachhunde unsere Fährte aufnehmen. Mehrfach nutzen wir auch die 100 Meter entfernte Eisdiele, um uns Abends einen leckeren Softeisnachtisch zu gönnen. An manchen Abenden war es schon nicht einfach, Lilli ins Reich der Träume zu befördern. Sie wollte einfach nicht schlafen, obwohl sie hundemüde war. Solche Schrei- und Quengelorgien zehrten natürlich an unseren Nerven. Der Witz ist, dass man diese Erlebnisse in dem Moment vergessen hat, wenn einem das entwaffnende Kindergrinsen morgens aus der Koje hervorlockt.
Die Tage fließen dahin und Nachbarboote kommen und gehen. Der August neigt sich dem Ende zu und zusehens wird der Zustrom an Neuankömmlingen geringer. Zuletzt fühlen wir uns fast schon verlassen in unserer Box. Steht denn der Herbst und damit das baldige Ende der Segelsaison tatsächlich schon wieder vor der Tür? Wir behalten das Wetter im Auge und entscheiden uns dann nach einer Woche in Nysted für die Rückfahrt in deutsche Gewässer. Wollen eventuell noch für ein paar Tage nach Kühlungsborn, bevor wir unseren Urlaub dann in aller Ruhe in Hohe Düne ausklingen lassen wollen. Der Wetterbericht verheißt Westwind 3-4 Beaufort - da sollte die Überfahrt mit Kleinkind zu meistern sein.

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